Gewalt an Schulen - Nachtrag
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Der Nachtrag zu meinem Artikel zu Gewalt an Schulen soll diesen in zweierlei Hinsicht ergänzen. Zum einen zeigen die Befunde zur Entwicklung der Kinder- und Jugenddelinquenz in Nordrhein-Westfalen ein klares Bild dessen, was auch an Schulen spürbar ist, zum anderen halte ich Josef Kraus‘ Analyse für sehr zutreffend.

Neben den Vergleichen der Jahre zeigt die Studie auch vergleichende Ergebnisse bei Mädchen und Jungen oder auch zwischen Deutschen und Nichtdeutschen.

Die Tatverdächtigenbelastungszahl ist die dabei die Anzahl der ermittelten ansässigen Tatverdächtigen ab acht Jahren, errechnet auf 100 000 Einwohner/-innen des entsprechenden Bevölkerungsanteils.

Alle folgenden Graphiken sind dem Bericht entnommen (Anklicken zum Vergrößern).

Die erste Graphik zeigt die Verteilung von Jungen und Mädchen der Jahrgänge 7 und 9. Statistisch gesehen gibt es auch in der Gesamtbevölkerung etwas mehr Männer als Frauen.

Die zweite Graphik zeigt den Anteil der Nichtdeutschen in den betrachteten Kohorten. In der Gesamtbevölkerung ist der Anteil von 8,7 % auf 14,8 % gestiegen.

Zwei weitere Vergleiche:

  • Im ersten Bild sieht man die deutliche Zunahme sowohl bei Fallzahlen als auch bei Tatverdächtigen und TVBZ im zeitlichen Verlauf (2013 bis 2024). Besonders beunruhigend ist der Bereich ab 2021. Die Eigentumsdelikte gehen zurück, die Kurve der Gewaltdelikte kennt nur eine Richtung.
  • Im zweiten Bild sieht man vergleichend die Zahlen für Mädchen und Jungen im Jahrgang 7. Im ebenfalls untersuchten Jahrgang 9 sieht es ähnlich aus.

Hier noch zwei Bilder zur Anzahl der Kinder, die deutsch und nicht deutsch sind bzw. deren Geburtsort in Deutschland lag oder nicht. Migrationshintergrund bedeutet nicht automatisch Nichtdeutscher. Einen Migrationshintergrund hat jeder, bei dem mindestens ein Elternteil im Ausland geboren ist. Dabei ist die Staatsbürgerschaft unerheblich.

Interessanterweise zeigen die Graphiken bezogen vor allem auf die Jahre 2021 bis 2024 kaum Unterschiede.


Beunruhigend ist, dass die Zahlen generell nach oben zeigen. Die Statistiken zeigen, dass dies zwar kein alleiniges Problem der Nichtdeutschen bzw. Menschen mit Migrationshintergrund ist, aber diese Gruppe in allen Belangen deutlich überrepräsentiert ist.

Es gibt Schulen, an denen der Anteil der Kinder mit Migrationshintergrund bzw. der Nichtdeutschen deutlich höher ist, als im NRW-Durchschnitt. Folglich sind auch die Zahlen zur Jugenddelinquenz entsprechend höher. Sicher muss man das für jede Schule individuell betrachten, aber in dieser Studie und auch in diesem Artikel geht es ausschließlich um Statistik.

Statistiker sind Menschen, die in einem durchschnittlich 1 m tiefen Gewässer ertrinken können.

Was muss getan werden?

An den Schulen sind wir diesen Zuständen zunächst einfach nur „ausgeliefert“. Die Schulpflicht – die hier nicht in der Kritik steht – sorgt dafür, dass Kinder und Jugendliche die Schule besuchen müssen. Grundsätzlich haben wir also keine Wahl.

Wir können im Rahmen der personellen, strukturellen und materiellen Möglichkeiten (Schule kostet enorm viel Geld, z. B. waren es  pro Schüler 8.900 Euro im Jahr 2023 in NRW!) versuchen, geeignete Regeln aufzustellen und innerkollegial Rahmenbedingungen zu schaffen, die die Arbeit erleichtern, Schulsozialarbeiter unterstützen dabei.

Gewalt muss geahndet werden, es gibt kein: „Ach ja, das war nicht so schlimm.“. Vor allem dürfen wir die psychische Gewalt nicht aus den Augen verlieren. Es gibt nicht zuletzt „dank“ der überbordenden Smartphonenutzung Übergriffe, die in manchen Fällen schon Mobbingcharakter tragen.

Mein Nachtrag zu Gewalt an Schulen sollte zeigen, dass wir ein massives Problem haben, dem es sich zu stellen gilt. Das gilt aber nicht nur für Lehrer, sondern vor allem für die Schul- und Familienpolitiker in diesem Land, bei denen das Problembewusstsein offenbar nicht oder nur wenig vorhanden ist.

Schaue Sie gern einmal nach, was in NRW sog. „Talentschulen“ sind. Wer zwischen den Zeilen lesen kann, erkennt die Brennpunktschulen darin. Solange Vertuschung, Verharmlosung oder Euphemismen die Schulpolitik bestimmen, wird sich nichts ändern.

Es scheint wichtiger zu sein, Menschen, die derart Dinge thematisieren, in die rechtsextreme Ecke zu drängen und gegen diese ins Feld zu ziehen. Blöd nur, dass die oben gezeigte Statistik ein offizielles Dokument des Innenministeriums NRW ist.

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Von sp

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