Beim Thema Projektmanagement in der Schule werden Sie sich eventuell fragen, ob ich den Verstand verloren habe. Passt das denn zum von mir vielbeschworenen Bildungideal im Sinne der Aufklärung?
Ich beziehe mich auf den Artikel zum Mathematikunterricht früher und heute, dessen Studium vorab ich an dieser Stelle empfehle.
Beginnen möchte ich zunächst mit dem Begriff des „schülerzentrierten Unterrichts“. Per Definition handelt es sich um eine Form des Unterrichtens, bei der das Lerngeschehen wesentlich von den Schülern bestimmt wird, die Lehrkraft nimmt die Rolle eines Begleiters ein.
Ich weiß. Finde ich doof, weil das Wort diese Interpretation m. E. nicht hergibt. Da wird ja schon die perverse Verschiebung von Überblick , Initiative und Verantwortung hin zum Kind vorausgesetzt. Nicht „schülerzentriert“ ist schlecht, sondern der unausgesprochene Gedanke davor.
Reaktion eines Kollegen auf die o. g. Definition
Das Wort ist schlecht gewählt, der Ansatz dahinter ist trotzdem ungeeignet, effektiv zu unterrichten. So sehe ich das. Ich unterrichte den Kindern zugewandt und erkenne deren Bedürfnisse, die Entscheidungen treffe aber ich.
meine Antwort darauf
Ein zweiter Aspekt ist das „Fördern und Fordern“, also Schüler da „abholen“, wo sie abholbar sind, unter Beachtung dessen, dass eine Überforderung schnell erreicht ist. Die Voraussetzungen für einen Lernerfolg an der Realschule werden immer lückenhafter. Folglich ist es geboten, hier umzudenken.
Bevor ich zum Thema des Artikels komme, noch ein Wort zum Hedonismus an der Schüle. Ihn darauf zu begrenzen, dass Arbeitsmaterialien heute infantil und deutlich „bunter“ sind und mit Bildchen überfrachtet werden, ist zu kurz gegriffen. Ich zitiere aus dem Buch „Theorie der Unbildung“:
Wer immer in den letzten Jahren allerdings konstatierte, daß es mit der Lesefähigkeit des Nachwuchses nicht zum Besten bestellt sei, wer forderte, daß sich die Schule auf die Vermittlung zentraler kognitiver Fähigkeiten konzentrieren sollte, statt unter dem Diktat eines mutwillig vom Zaun gebrochenen virtuellen Wettbewerbs mit Lustbarkeitsangeboten aller Art zu werben, wurde als Kulturpessimist, als rückständig und reaktionär gebrandmarkt.
Liessmann, Theorie der Unbildung, S. 77
Es geht mehr darum, dass die unsinnige Schaffung einer Konkurrenz zwischen den Schulen dazu führt, dass Schulen wie Unternehmen um ihre Marktstellung werben müssen. Eltern melden ihre Kinder oft an einer Schule an, weil dort „viel für die Kinder gemacht wird“, aber eben nicht im Sinne von Bildung, sondern im Sinne von Aktionen außerschulischer Natur. Welche Schule wirbt sinngemäß damit, dass die Schülerinnen und Schüler mit Ziel einer Allgemeinbildung und Mündigkeit unterrichtet werden?
Ein Kollege wirft drei Fragen auf:
- Wie arbeiten Lehrerinnen und Lehrer sinnstiftend zusammen, um die vorhandenen Defizite im Wissen der Kinder zu beseitigen?
- Welche Möglichkeiten gibt es, mit zunehmend kritischen oder desinteressierten Eltern umzugehen?
- Gibt es Möglichkeiten, die Kinder in die Zusammenarbeit einzubeziehen, ohne sie dabei zu überfordern?
Damit eine Verbesserung hinsichtlich o. g. Allgemeinbildung und Mündigkeit erreicht werden kann, sind vermutlich Elemente des Projektmanagements nötig, um an dieser Stelle (nun endlich) zum Thema zu kommen. Der Berg an Aufgaben erscheint u. U, so hoch, dass es schwer sein wird, alle am Schulleben beteiligten zu motivieren und zu aktivieren.
Die Umsetzung der Qualitätsoffensive erzeugt u. U. eine Abwehrhaltung oder eine Befürchtung vor (vermeidbarer) Mehrarbeit. Voraussetzung ist es, auf allen Seiten Fehler zu erkennen und zuzugeben. Das sollte aber nicht der Leitgedanke der Arbeit sein, da es hinderlich ist, permanent mit Unzulänglichkeiten konfrontiert zu sein. Wichtig ist das gemeinsame Ziel, nicht die Kritik an einzelnen Lehrkräften, Schülern oder den Elternhäusern.
Die Fehleranalyse sollten wir abschließen und den Blick weg von Missständen, hin zu Maßnahmen wenden, Vorwürfe machen keinen Sinn.
Was bedeutet in diesem Sinne „Projektmanagement in der Schule“?
Der Berg an Aufgaben und Problemen erscheint unüberschaubar, führt zu Ablehnung. Daher ist ein kleinschrittiges Vorgehen mit kleinen Effekten notwendig, Etappenziele (und damit sind wir beim Projektmanagement) werden aufgestellt, die Bereitschaft zum konstruktiven Arbeiten steigt, wenn alle Beteiligten den Überlick behalten.
Zudem ist ein Grundkonsens notwendig, wohin wir als Schule wollen.
Zurück zum Projektmanagement, welches mir aus der Softwareentwicklung vertraut ist.
- Im „backlog“ werden zunächst alle Ziele formuliert.
- Für jedes dieser Ziele wird ein „sprint“ definiert.
- Jeder dieser „sprints“ bekommt „issues“, die mit „to do“, „in progress“ oder „done“ kategorisiert werden.
- Für alle „sprints“ gibt es eine „timeline“.
Wenn ich also von Projektmanagement in der Schule spreche, meine ich nicht Schule und Bildung im engeren Sinne des Wortes, sonder eine Organisationsstruktur, die in diesem Fall uns Lehrkräften die Arbeit erleichtert.
Es gibt viel zu tun – lassen wir es liegen. Hoppla, sorry – packen wir es an!
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