Migration und Fachkräftemangel
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Können wir durch Migration dem Fachkräftemangel begegnen? Ich wage den Versuch einer statistischen Erhebung dazu.

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Der immer wieder genannte Fachkräftemangel ist für jeden – so behaupte ich – erlebbar. Handwerker sind schwer zu bekommen, in den nächsten Jahren wird sich laut Presseberichten der Ärztemangel besonders im ländlichen Bereich deutlich verschärfen, an Schulen fehlen Lehrer trotz des Seiteneinstiegs. Die Liste ließe sich fortsetzen. Auch in schlechter bezahlten Berufen mit ungünstigen Arbeitszeiten tritt dieses Problem vermehrt auf.

Schauen wir uns ein paar Zahlen an:

Schaut man nur auf die Zahlen – und nur darum soll es gehen – ist das Phänomen des Mangels nicht erklärbar. Der Zahl an offenen Stellen steht ein Vielfaches an arbeitsfähigen Menschen gegenüber. Die Frage muss natürlich lauten, ob die Qualifikationen passend sind. Ich kann Stellen für Akademiker nicht mit Ungelernten besetzen, genauso wenig wie ein Akademiker langfristig in einem Hilfsjob arbeiten wird. Diese Aussagen stellen keine Wertung dar, der Beruf des Arztes ist genauso wichtig wie der des Straßenreinigers. Ich möchte nur auf mögliche Probleme hinweisen.

Hinzu kommt für mich eine weitere Frage: Ist es sinnvoll, anderen Ländern die Fachleute wegzunehmen? Darauf möchte ich an dieser Stelle nicht weiter eingehen.

Warum nun der Mangel? Ich sehe mehrere Gründe.

  1. Viele Migranten wandern offensichtlich in das Sozialsystem ein, die o. g. Zahlen belegen das. Statt dem Mangel zu begegnen, werden die Sozialsysteme hoch belastet.
  2. Im Ausland gut qualifizierte Menschen haben Abschlüsse, die in Deutschland nicht oder nur teilweise anerkannt werden. Einerseits ist das schlecht mit Blick auf die Stellenbesetzung, andererseits sollten die bestehenden Standards auch nicht aufgeweicht werden. Denken Sie bspw. an Ärzte.
  3. Unsere Schulbildung – daher der Artikel im Schulblog – sorgt nicht mehr dafür, dass ausbildungs- oder studienreife Absolventen die Schulen verlassen.

Zu 1:
Es wandern natürlich auch Menschen ein, die eine Arbeit aufnehmen. Viele Stellen gerade in den unteren Gehaltsklassen wären sonst nicht besetzt. Das ist aber nur ein Teil des Problems. Die Aussage „ohne Migration hätten wir keine Altenpfleger mehr“ ist eine Bankrotterklärung. Schlimm, dass es dazu kommen konnte, dass sich junge Menschen viel zu wenig für diesen Berufe und ähnliche Professionen interessieren. „Work-Life-Balance“ greift da übrigens auch viel zu kurz.

zu 2:
Warum soll ein Arzt, der in Syrien eine vollständige Ausbildung absolviert hat und dort auch als Arzt arbeiten darf, nach Deutschland kommen, um hier seinen Beruf zunächst nicht ausüben zu dürfen? Das gilt analog auch für andere hochqualifizierte Berufe. Um bspw. als Arzt eine Approbation zu erhalten, sind u. a. Deutschkenntnisse auf dem Niveau B2 sowie Fachsprache auf dem Niveau C1 nötig. Ich persönlich finde das sogar zu wenig. Gerade ein Arzt muss die „Zwischentöne“ bei seinen Patienten hören. Ohne muttersprachliche Qualifikation ist das faktisch unmöglich.

zu 3:
In NRW sind die Schulübergänge 2022/23 eine Offenbarung:

Das bedeutet, dass neben den 42 %, die ans klassische Gymnasium wechseln ein weiteres Drittel derer, die an die Gesamtschule wechseln, ein Abitur machen wird. Am Ende hat etwa die Hälfte aller Schüler ein Abitur. Sind unsere Kinder mittlerweile so schlau? Die Realität in den Schulen – was die Gymnasien einschließt – ist eine andere. Diese Zahl wird nur dadurch erreicht, dass die Leistungsanforderungen immer weiter sinken. Überzeugen Sie mich gern vom Gegenteil. Die Klassenarbeiten, die ich vor 30 Jahren geschrieben habe, würde heute so gut wie niemand mehr bestehen.

Das Problem ist, dass diese Absolventen statt drei Jahre Berufsausbildung nun eben Schule gemacht haben. Eine große Zahl derer ist für die klassischen Ausbildungsberufe faktisch verloren. Dank der Neuordnung der Studienabschlüsse in Europa machen mittelmäßige Abiturienten dann ein Bachelor-Studium. Ich möchte das Fachhochschulstudium – so hieß das früher – nicht schlecht reden, aber hier werden Halb-Akademiker auf Halde produziert.

Schaut man in die Universitäten, sieht es nicht viel besser aus. Viele Studienanfänger müssen zunächst mittels zusätzlicher Kurse erst einmal halbwegs studierfähig gemacht werden. Studierberechtigung ist eben noch keine Befähigung.

Wie sollen unter diesen Rahmenbedingungen hochqualifizierte Facharbeiter oder Akademiker entstehen? In vielen Bereichen arbeiten bereits heute keine ausgebildeten Fachkräfte mehr. Schauen Sie in Restaurants, in den Einzelhandel, in Hotels usw.

Aber zurück zum Thema: Geht die Debatte um Arbeitsmigration nicht völlig an der eigentlichen Ursache des Fachkräftemangels vorbei?

Ich denke, wir sollten zunächst unser Bildungssystem-, Ausbildungs- und Studiersystem in Ordnung bringen, die Schulen (einschließlich der Lehrpläne) wieder mit Blick auf Leistung umstrukturieren und erst danach schauen, ob wir die Voraussetzungen dafür schaffen wollen, qualifizierte Fachkräfte aus aller Welt anzuwerben (und – sorry, dass ich das sagen muss – dafür zu sorgen, dass eine Einwanderung ins Sozialsystem unattraktiv wird).

Ist die Migration das Mittel der Wahl, um dem Fachkräftemangel zu begegnen? Meine eindeutige Antwort: NEIN!

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Von sp

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