Migration im Kontext Schule
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Migration im Kontext Schule ist eine Aufgabe, die sich aus dem Zuzug von Menschen zwangsläufig ergibt, da diese oft Kinder mitbringen. In Deutschland gibt es eine Schulpflicht, die auch für Migrantenkinder gilt.

Um es vorweg zu nehmen: Mir geht es hier weniger um die globale Frage des zahlreichen Zuzugs als vielmehr darum, wie diese Kinder sinnvoll beschult werden können. In NRW (und vermutlich nicht nur hier) gilt, dass diese Kinder zügig die deutsche Sprache erlernen sollen. Dazu gibt es sogenannte DaZ-Stellen (Deutsch als Zweitsprache).

Die Kinder kommen mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen zu uns. Manche sind nicht alphabetisiert, andere können hingegen beispielsweise englisch sprechen. Allen gemeinsam ist, dass sie anfänglich kein Deutsch sprechen können.

Um eine Zahl zu nennen: In meiner Schule ist jedes neunte Kind im DaZ-Unterricht. Es gibt zwei Arten der Förderung, zum einen die Erstförderung für zwei Jahre, zum anderen die Anschlussförderung, falls nötig. Nach dem Ende der Erstförderung werden die Kinder vollumfänglich in allen Fächern benotet, während der Förderung soll sukzessive dazu übergegangen werden. Gleichzeitig werden sie einem Bildungsgang zugeordnet, idealerweise bei uns dem Realschulbildungsgang, aber auch Hauptschul- oder gymnasialer Bildungsgang sind denkbar.

Um noch eine Zahl zu nennen: Für diese ca. 50 Kinder habe ich 1,37 Stellenanteile zusätzlich, was bedeutet, dass mir wöchentlich ca. 38 (28 * 1,37) Wochenstunden Unterricht für DaZ zur Verfügung stehen. Ich kann mir den Luxus leisten, weitere 10 Stunden anderweitig zur Verfügung zu stellen. Somit sind wir bei 48 Unterrichtsstunden.

https://bass.schul-welt.de/18431.htm

Eine einfache Rechnung zeigt, dass bei Gruppen zu je 4 – 5 Schülerinnen und Schülern zwölf Gruppen gebildet werden müssen, die dann je vier Wochenstunden extra gefördert werden, so ist zumindest unser schulisches Konzept. Die Wochenstundenzahl im Ganztag beträgt 36 Unterrichtsstunden. Demzufolge sind diese Kinder fast 90 % Ihrer Zeit in der Regelklasse, wo sie gerade anfänglich faktisch nichts verstehen, insbesondere dann, wenn es um sprachlastige Fächer geht. Alle Fachlehrerinnen und -lehrer haben zwar bei der Migration im Kontext Schule die Aufgabe zu fördern, aber dass dies nicht funktionieren kann, sollte jedem einleuchten. Falls nicht, werde ich das etwas später im Text noch erläutern.

Bei dieser Rechnung ist zusätzlich zu beachten, dass wir eben nicht nur Kinder mit Begabung oder dem unbedingten Willen zu lernen aufnehmen. Die Realität zeigt, dass sich unter den Kindern auch viele aus „bildungsfernen“ Haushalten befinden.

Ich habe im Haus zwei Fachkräfte, die ausschließlich für den DaZ-Unterricht eingestellt wurden. Hinzu kommen noch Deutschlehrerinnen, die die beiden unterstützen. Die Kolleginnen sind sehr engagiert, aber zaubern können sie natürlich nicht. Dennoch haben alle die Kinder im Blick und versuchen, deren Bedürfnissen gerecht zu werden.

Ach ja, falls nicht…

Die Schulpolitik ist aktuell so ausgerichtet, dass eine Trennung der Kinder nach ihren intellektuellen Möglichkeiten nicht erwünscht ist. Das führt dazu, dass auch Hauptschulkinder und Kinder mit Förderbedarf (z. B. im Bereich Lernen) an der Realschule aufgenommen werden müssen. Das führt zu sehr heterogenen Klassen bezogen auf die Leistungsfähigkeit und -bereitschaft. Nun kommen noch die Kinder mit Migrationshintergrund hinzu. Ich denke, spätestens jetzt erklärt sich, dass ein derart individualisierter Unterricht, der allen diesen Kindern gerecht wird, extrem schwierig bis unmöglich ist.

Warum sehe ich die Situation derart kritisch?

  1. Die Schulpflicht erfordert es, neu angekommene Kinder zügig (möglichst sofort) aufzunehmen. Dadurch werden die Gruppen immer wieder neu „gemischt“. Kontinuität ist leider nicht immer gegeben.
  2. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Stellen ist viel zu gering. Innerhalb so weniger Zusatzstunden ist es kaum möglich, Deutsch zu lernen.
  3. Die leistungs- (und willens-)heterogenen Gruppen verhindern, dass diese Kinder im Regelunterricht passend gefördert werden können.
  4. Es gibt keinerlei Verpflichtung, dass Sprachkurse außerhalb der Schule besucht werden müssen, übrigens auch nicht für die Eltern.

Was schlage ich vor?

  1. Deutliche Aufstockung des Personals: Wer den zahlreichen Zuzug zulässt, muss auch dafür sorgen, dass diese Menschen vernünftig integriert werden.
  2. Verpflichtende Deutschkurse außerhalb von Schule: Solange die Kinder noch nicht grundlegend Deutsch beherrschen (ganz zu schweigen von den Kindern, die noch nicht einmal alphabetisiert sind), müssen sie ganztägig unterrichtet werden. Das geht nur durch extra eingerichtete Deutschkurse.

Bezogen auf die Schulpolitik im Ganzen könnte ich weitere Vorschläge unterbreiten. Ich empfehle dazu meinen Beitrag zu Kant und Humboldt. Das oben Genannte bezieht sich nur auf den Teilbereich Migration im Kontext Schule.

Am Ende sind die Kinder (und zwar alle!) die Verlierer.

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Von sp

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